Als besondere Gebäckart für die Weihnachtszeit hat sich, von Sachsen ausgehend, der Christ- oder Weihnachtsstollen Ansehen und Beliebtheit verschafft. Der Stollen ist als Gebäck weniger alt als Honig- oder Lebkuchen, da er sich nicht mit Honig backen lässt, sondern Zucker erfordert. Der Stollen stammt aus Sachsen und wurde im besonderen Maße auch von dort, vor allem aus Dresden, weithin versandt. Über das Alter dieses Gebäckes sind wir dadurch unterrichtet. dass in einer Urkunde aus der 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts Stollen so genannt wird, dass kein Zweifel darüber besteht, dass es sich dabei um das Gebäck handelt, welches wir heute meist Christstollen nennen.
Das Alter ist so hoch, dass man erstaunt fragt, ob in Mitteldeutschland zu jener mittelalterlichen Zeit vor 600 Jahren die heutigen Zutaten des Gebäckes zur Verfügung gestanden haben können. Diese Frage kann bejaht werden.
Um jene Zeit war für die meisten Handwerke, auch für die Bäcker, das Zunftwesen in Geltung, das nur sehr beschränkt die Erlaubnis zur Ausübung eines Gewerbes gab. Damit hängt die Urkunde zusammen, die den Stollen erstmalig nennt.
Im Jahre 1329 erteilte der Bischof Heinrich von Naumburg den Naumburger Bäckern ein Innungs- oder Zunftprivilegium und forderte dafür von ihnen zu Weihnachten für sich und seine Nachfolger zwei „Stollen“. Dabei hat es sich offenbar nicht um einfache Hefegebäcke, sondern um Gebäcke von damals feinstmöglicher Zusammensetzung gehandelt. Auch hohe Geistliche waren damals Geschmacksgenüssen nicht abholt.
Die Auflage lautete „In vigilia nativitatis Christi duos panes triticos longos, yui stollen dicuntur, factos ex dimidio stephile tritici nobis et successoribus nostris at curiam nostrum solvere“. Das bedeutet, dass zur Feier der Geburt Christi zwei längliche Weizenbrote, Stollen genannt, hergestellt aus einem halben Scheffel Weizen, für den Bischof und seine Nachfolger zu liefern waren. Damit die Stollen nicht zu klein ausfielen, wurde die zu verwendende Getreidemenge vorgeschrieben.
Die Frage, ob die Bestandteile, die uns heute für die rechte Beschaffenheit eines Christstollens erforderlich erscheinen und vermutlich auch vor Jahrhunderten üblich waren, schon nach der Wende des 13. Jahrhunderts in Mitteldeutschland wenigstens in mäßigen Mengen – wenn auch zu hohen Preisen – zur Verfügung gestanden haben können, trifft zu. Dies ergibt sich aus alten handschriftlichen Kochbüchern; vor allem zeigt dies ..DAZ buch von guter spise“, dass etwa um jene Zeit in Süddeutschland niedergeschrieben wurde, als der Bischof von Naumburg nach den Stollen verlangte.
Zucker, Gewürze und Mandeln dienten für mannigfache Gerichte jenes Kochbuches, die in Klöstern und anderen wohlhabenden Kreisen wenigstens bei besonderen Gelegenheiten geboten wurden.
Kochbücher aus dem 15. Jahrhundert verwendeten in den Rezepturen auch Rosinen, getrocknete Trauben gab es schon zur Zeit der Pyramidenbauer. Mit dem Auftreten der Rosinen im Fruchthandel des Mittelmeergebietes konnte schon im 12. Jahrhundert gerechnet werden.
Über die Benennung der Gebäckart, also über das Wort Stollen gibt es mehrere Deutungen. In der Bergmannsprache bedeutet Stolle oder Stollen einer waagerechten Gang unter der Erde. Die Übertragung; von Stolle(n) auf Gebäckarten von länglicher Form beruht auf der Ähnlichkeit mit einem Pfosten…; Das klassische Land der Christ- oder Weihnachts-stolle, die die Form eines Wickelkindes nachahmt, ist Obersachsen.
Mit freundlicher Genehmigung
© Gregor Frey, Bad Harzburg